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Man macht sich klein, wenn man die Verantwortung nicht bei anderen sucht ? Den Satz kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Relativieren tut man nur, wenn man in der Beziehung bleiben will und daher entschuldigen sucht.
Ich muss niemanden zum Täter machen, um mich von der Person zu distanzieren/trennen.
Ein „es passt einfach nicht“, oder „es passt für mich nicht mehr“ reicht völlig aus.
Das Wort Täter hatte ich aus deinem Text aufgegriffen.
Täter machen sich selbst zu Tätern, sei es beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Wenn ich dich beleidige, sehe ich nicht dich vorrangig in der Verantwortung, zu überlegen, warum du eine Beleidigung emotional überhaupt an dich heranlässt. Sondern in dem Fall habe ich dir einfach unrecht getan. Mein Part wäre demnach (im Idealfall) der der Wiedergutmachung. Vorrangig durch Anerkennung meines Fehlers und in dem ich mich entschuldige. Dein Part wäre es, dich gut um dich selbst zu kümmern. Es klingt zwar sehr beeindruckend, wenn Menschen meinen, soetwas prallt an ihnen ab, ist doch aber selten der Fall. Verantwortung liegt auf beiden Seiten, nicht nur auf der der geschädigten Person. Vor allem aber sehe ich nicht, dass jemand, der Unrecht tut, lediglich 50 % Anteil an der ganzen Sache hat. Das sehe ich maximal dann, wenn beide "sich nichts geben". Aber wenn man von außen drauf blickt, ist das oft genug, aber nicht immer der Fall.
Mir geht es nicht darum, im Schmerz und in der Wut zu verharren, denke aber, die gehören zum Prozess dazu. Abgrenzung geschieht ja meistens erst dann, wenn wir spüren ( z. B. durch Wut) dass etwas geschehen ist, was uns nicht gut tut oder gar schwer verletzt. Und gerade Wut verdrängt sehr gut bindende Emotionen. Ein tolles Buch zum Thema Wut ist "Wut ist gut" von Daniel Dufour. Empfand ich als sehr heilsam und hat meine Sicht auf Wut auch sehr verändert. Er schrieb unter anderem, dass die subjektiv empfundene Situation nicht mit der objektiven übereinstimmen muss, es aber sehr wichtig ist, die Gefühle zur subjektiven Situation anzunehmen, um sie später genauer zu betrachten und auflösen zu können.
Aber sich mit dem "Täter" zu befassen kann auch sehr hilfreich sein, um zu verstehen, was die Person zu ihrer Handlung bewegte und manchmal stellt man fest, dass man sich auf einmal sogar sehr gut in die Person hineinversetzen kann. Das nimmt dem ganzen manchmal die Härte. Hier in meinem Strang wurde ja auch darauf verwiesen, dass die ehemalige Freundin eventuell gar nicht kann und es nicht einmal böse meint. Das ändert nichts an der Verletzung, macht es aber eindeutig leichter, die stark negativen Emotionen aufzulösen.
Täter ist hier natürlich ein Wort, dass ich auch nicht passend finde, aber ich denke, es ist leichter zu verstehen als Umschreibungen.