Zunächst einmal geht es für mich hier nicht primär um eine individuelle Angelegenheit, sondern um eine gesellschaftliche. Es kann durchaus in einer Beziehung eine Seite mehr Rechte für sich in Anspruch nehmen als die andere. Wenn damit beide Seiten gut leben können, dann gibt es daran nichts auszusetzen. So mancher Mann mag sich unterordnen und so manche Frau mag dominieren und auch umgekehrt.
Der Begriff der Gleichberechtigung greift für mich etwas zu kurz. Faktisch haben nämlich Frauen in Deutschland sogar etwas mehr Rechte als Männer, aber dazu später. GleichSTELLUNG ist der Schlüsselbegriff und das bedeutet für mich, dass die Möglichkeiten, mein Leben zu gestalten, nicht davon abhängen, ob ich Mann oder Frau bin. Ganz praktisch bedeutet das, dass für Frauen z.B. das berufliche Fortkommen nicht mit dem ersten Kind beendet sein darf, dass Frauen keine blöden Sprüche am Arbeitsplatz erdulden müssen, Einkommensgleichheit, gleiche finanzielle und soziale Anerkennung "weiblicher" Berufe, selbstverständliche Anerkennung von Frauen in "Männerberufen", etc. Hier gibt es noch ganz viel zu tun, auch wenn das nicht primär etwas mit Rechten zu tun hat, sondern eher mit Möglichkeiten.
Auf der anderen Seite bedeutet es, und hier sind wir bei der rechtlichen Seite, dass Männer das gleiche Recht haben müssen, Eltern zu sein, wie Frauen. Sie müssen das gleiche Recht haben, zu wissen, ob sie Vater sind oder nicht, wie es bei Müttern auch der Fall ist, unabhängig davon, ob sie mit der Mutter verheiratet sind, oder überhaupt in irgendeiner Beziehung zu ihr stehen, die gleichen Rechte (Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht) haben, wie sie Mütter ganz selbstverständlich haben und zuguterletzt meine persönliche Forderung nach einer Neudefinition der Vaterschaft, nämlich ebenfalls unabhängig vom Verhältnis zur Mutter, also eine automatische Identität von rechtlichem und biologischem Vater. Abseits der rechtlichen Seite geht es auch darum, die Ungleichbehandlung im Trennungsfall zu beenden, es muss genauso (k)ein Tabu sein, Vater und Kind zu trennen, wie Mutter und Kind. Darüberhinaus brauchen Männer die Anerkennung sowohl von Arbeitgebern, als auch von Gesellschaft und insbesondere Frauen, wenn sie zugunsten eines verstärkten familiären Engagements ihre Erwerbstätigkeit zurückschrauben oder ganz pausieren. Das sollte bei uns selbstverständlich werden.
Gleichstellung ist also keine Einbahnstraße, sondern auf beiden Seiten gibt es noch viele viele Baustellen. Dazu muss es für Männer wie für Frauen dazugehören, vermeintlich selbstverständliche Ansprüche zu überdenken und sich zugunsten des anderen Geschlechts von liebgewonnenen Privilegien zu verabschieden.