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  • #1

Partner im Rollstuhl! Wie damit umgehen?

Hallo,

wie geht man damit um, wenn der Partner aufgrund eines Unfalles plötzlich im Rollstuhl sitzen muss?

Welche Anforderungen werden an den gehfähigen Partner gestellt?

Welche Probleme ergeben sich für beide Partner in ihrer Partnerschaft?

Geht die sexuelle Anziehung minimal verloren? Da der andere Partner sozusagen die Pflegeaufgaben mit übernehmen muss?


Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr auf die Fragen eingeht. Eventuell hat der eine oder andere unter euch ähnliches erlebt, und kann mir von seinen persönlichen Erfahrungen dazu berichten. Es würde mir sehr weiterhelfen.
 
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  • #2
In einer Partnerschaft steht man bedingungslos zueinander. Die Einschränkungen des "gehfähigen" Partners sind nichts im Vergleich zu denen, die der Gelähmte hinnehmen muß. (m)
 
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  • #3
Lieber Thomas
Ich habe in diesem Forum schon mal meine Geschichte gepostet. Um es vorweg zu nehmen, dies ist meine persönliche Geschichte und ich möchte keine Kommentare darüber, ob man einen kranken Partner verlässt etc.

Ich war mit meinem (mittlerweile EXmann) 16 Jahre zusammen und hätte mir nie vorstellen können, ihn bei Krankheit zu verlassen.

Er hat dann im 2006 einen schweren Hirnschlag erlitten. Er ist linksseitig völlig gelähmt und natürlich hat sich seine Wesensart völlig verändert. Zu diesem Zeitpunkt war ich 40 Jahre alt, unser gemeinsamer Sohn 9 Jahre alt.

Nach der Rehazeit kriegte ich einen Mann zurück, welcher auf einen Rollstuhl und völlig auf meine Hilfe angewiesen war. Angefangen vom Duschen über Nägelschneiden bis zu....eigentlich allem.

Um es vorweg zu nehmen, bevor dieser Beitrag unendlich lange wird. Ich konnte damit nach 3 Jahren nicht mehr umgehen. Neben dem, dass ich selber in eine tiefe Depression stürzte, mir der Partner fehlte, ich mich um alles alleine kümmern musste, keinen Gesprächspartner zu Hause mehr hatte...fehlte mir die körperliche Liebe !
Mir fehlten die gemeinsamen Unternehmungen, Reisen, Laufen, Wandern, Biken, Lachen, unbeschwert mit Freunden zusammen sein....

Jeder sagte, ich soll mir einen Liebhaber nehmen, dies konnte ich aber nicht mit mir vereinbaren. Der Sex ist wichtig, aber für mich nur im Zusammenhang mit Liebe und Vertrautheit.

Die Probleme sind für beide Partner meines Erachtens extrem gross, wobei ich vielleicht einen Unterschied machen würde zwischen verschiedenen Krankheiten und Lähmungen.

Nach ein paar Jahren alleine mit meinem Sohn, viel Therapie um schlechtes Gewissen zu verarbeiten, habe ich mich wieder aufgerappelt und heute geht es mir gut. Ich bin froh, diese schwere Entscheidung gefällt zu haben....denn auch ich habe nur dieses eine Leben.

Mein Exmann fehlt mir immer noch manchmal im Herzen, aber halt so, wie er früher war.

Falls du betroffen bist, lieber Thomas, wünsche ich dir von Herzen viel Kraft !
 
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  • #5
FS:

Danke für eure Antworten.
Ja ich bin der Betroffene, meine Frau hatte einen schweren Unfall, und wird vermutlich lebenslang auf den Rollstuhl angewiesen sein. Kognitiv gesehen ist alles wie zuvor, es betrifft also "nur" die Gehfähigkeit.
Noch befindet sie sich im Krankenhaus, der Alltag beginnt also erst noch.
Ich möchte alles richtig machen, bin aber auch selbst verunsichert.

Es würde mir helfen noch mehr Meinungen zu hören. Vor allem auch dazu, was der "gesunde" Part leisten sollte bzw. wie sich die Beziehung verändern wird.
 
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  • #6
Es liegt immer auch an einem selber, also auch am "gesunden Part" wie die
Beziehung angesichts so einer Katastrophe weiter entwickelt.
Man darf nie nur Pflegende sein wollen,muss sich zwingend Freiräume schaffen,auch
mal allein,eigenständig etwas unternehmen."Ständiges "Zusammenkleben" ist für keine
Beziehung gut! Pflegedienste usw. sind sehr hilfreich,auch gute Beratung.
Ich habe jahrelang, bis zum Tod meines Partners,mit einem Mann glücklich zusammengelebt
der in den letzten Lebensjahren einer schwerer Muskelkrankheit litt,im Rollstuhl saß, auf
Pflege und vielfältige Hilfen angewiesen war.Er war schon krank als wir uns verliebten,
anfangs war das alles ganz schön schwer,aber unsere Liebe wuchs auch daran.
Sexuell war es durch die verschlechterte Bewegungsfähigkeit ( bei voller Potenz) zwar etwas
eingeschränkt,also alle Stellungen gingen nicht mehr,aber ist das so wichtig wenn der Sex
auch so Spaß macht !? Es war bis zuletzt eine erfüllte Liebe.
Ich wünsche dir und deiner Frau alles Liebe, nur Mut, man schafft mehr als man vorher glaubt !
 
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  • #7
Es ist für euch beide eine neue Situation und jeder Mensch geht mit so etwas anders um. Ich empfehle dir/euch, viel miteinander darüber zu sprechen.
 
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  • #8
an Nr. 3:
Mein Exmann lebt mehr schlecht wie recht alleine in unserem alten Haus. Er wollte und will dies so. Er funktioniert mit vielen Pflegediensten.

Ich habe grosse Achtung vor Menschen, die es hinkriegen, den Partner zu pflegen, so wie hier Gäste beschreiben.

Ich kann mir vorstellen, dass sich die Situation deiner Frau, lieber FS, schon auch noch verbessert. Ist es "nur" die Gehfähigkeit ? Die Arme kann sie bewegen ? Falls ja, denke ich dass sie lernen wird, sich immer besser wieder selber zurecht zu finden, und du immer weniger ihr helfen musst.
 
  • #9
Es verändert sich, weil man nun sachlich umdenken und voraus schauen muß.

Wo man hin will: Wie passt der Rollstuhl mit durch ? - Wo sind Treppen = nun Hindernis ?
z.B. in ein Kino oder ein Lokal: Erst mal selber hin, und prüfen, ob und wie mit Rollstuhl möglich ?

Mit der Zeit gewöhnt man sich dran. Und will selber nur noch dorthin, wo die Partner/in mit Rollstuhl dabei sein kann.

Ich mailte darüber mit einer Frau im Rollstuhl. Sie meinte: Der Rollstuhl sollte kein Thema und kein Hindernis sein, sondern als selbstverständlich akzeptiert.
Ansonsten ihr ihr wichtig, daß der Partner nicht-behindert ist, und bei Bedarf kräftig zupacken kann, falls sie alleine was nicht schafft.

(Gemeinsames) Muskeltraining ist gut. So das man mehr Kraft in den Armen bekommt.
Für sie, um den Rollstuhl zu bewegen, und sich rein und raus zu heben.
Für ihn, um bei Bedarf besser zupacken oder tragen zu können.

Reisebücher von Rollstuhlfahrern lesen. Auch für den behinderten Partner/in. Wohin die überall reisen konnten, trotz Rollstuhl. So lernt man: Eigentlich ist fast alles möglich, bei entsprechender Organisation.

Das Wichtigste und Wertvollste: Wenn der Mensch selber erhalten bleibt. Also vom Wesen und geistig.
So das man den Menschen wieder erkennen kann, in dem man sich verliebt hatte.

Ich habe Verständnis für #2. Wenn man nicht mehr den Menschen, sondern nur noch dessen "Hülle" wieder erkennen kann. Und auch er wird Verständnis haben, soweit er es registrieren kann.
Eine Beziehung braucht ein Minimum an Kontakten und Möglichkeiten, sonst ist es keine mehr.

Der ("frisch") Behinderte braucht viel Zusammenhalt, Vertrauen und Zuversicht, die man ihm geben kann. Das man zusammen bleibt, und alles Neue gemeinsam meistert. Weil man diesen einzigartigen Menschen immer noch begehrt und haben will.

Hier gibt es ein junges Paar, das heiraten wollte. Kurz vor der Hochzeit erkrankte der Bräutigam an multipler Sklerose = Muskellähmung (unheilbar). Trotzdem heirateten sie, und sind heute noch zusammen, trotz seinem Rollstuhl.
Er kann zwar nicht mehr arbeiten gehen, hat aber weiter regen Kontakt im Ort und zu den Festen.
Und fährt alleine mit seinem elektrischen Antrieb + Rollstuhl umher.
 
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  • #10
Hallo,

Obwohl ich selbst nicht betroffen bin, interessiert mich das Thema als Vorbereitung auf den Fall der Fälle seit vielen Jahren und ich bin Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung.

Leider kommt es immer wieder vor, dass PartnerInnen den/die BetroffeneN verlassen. Das muss aber nicht sein. Ich sehe Wissen, echte Hilfe (zur Selbsthilfe!) und Akzeptanz als Chance an, die Beziehung weiter zu führen. Nur ist halt alles neu.


Eine elementare Höflichkeit ist es, dass man sich einen Stuhl nimmt oder nieder kauert, wenn man mit jemandem im Rollstuhl spricht. Er oder sie kriegt dann kein steifes Genick, und auch das Zeichen der Wertschätzung ist willkommen.

Man schiebt jemanden nur nach Absprache und nicht „herum“.

Überhaupt scheint grösstmögliche Selbstständigkeit sowie Akzeptanz durch die Umgebung wichtig. Dadurch werden auch die Pflegeaufgaben eingeschränkt. Wenn es denn nur ein Rollstuhl ist. Wir sprechen ja nicht von Tetraplegie, hoffe ich.

Ich habe von mehreren betroffenen Personen gehört, denen Mitleid sehr verhasst war.


Geht „professionell“ damit um, und lasst Euch gemeinsam ausbilden. (Rollstuhl, Kinästhetik in der Gesundheits- und Krankenpflege (, etc. ?) Ich hatte da einen sehr vergnüglichen Nachmittag mit AusbildnerInnen vom Paraplegiker-Zentrum. Beim Rollstuhltraining haben wir viel gequietscht und gelacht. Die Kinästhetik ermöglicht es, jemanden ohne Hau-Ruck-Aktionen und ohne viel Krafteinsatz zu bewegen: Aufstellen, im Bett hoch rutschen, Transfer vom Bett in den Rollstuhl und zurück. Wenn man weiss, was man tut, fällt auch der respektvolle Umgang miteinander leichter.


Für mich wäre dies die erste Adresse für Fragen: http://www.paraplegie.ch/de/pub/gv.htm

Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil http://www.paraplegie.ch/de/pub/spz/bereiche.htm unterhält eine Sozialberatung. Bestimmt gibt es bei Euch Ähnliches, wenn auch nicht ganz so bahnbrechend. Ob die Kontakte zu Betroffenen vermitteln, wäre zu erfragen.

Selbsthilfegruppen können toll sein. Ich bin in einer, allerdings wegen etwas ganz Anderem. Morgen sehen wir uns und ich freue mich schon.

Mit Google „paraplegie beratung“ hatte ich 24500 Treffer, auch aus Deutschland.

Zur Sexualität ist mir dies aufgefallen: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Sexualitaet.116059.0.html Auch unangenehme, aber sehr viele tröstliche Botschaften.

Es gibt Gelähmte in funktionierenden Paarbeziehungen.


Grüsse m/61
 
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  • #11
Hi FS,

schau doch mal auf der Website der Schweizerischen Paraplegie-Stiftung: www.paraplegie.ch

Bestimmt kann da Infomaterial angefordert werden. Da gibt es zudem ein regelmässiges Magazin mit Erfahrungsberichten von Betroffenen (aktuelle Maiausgabe; Cornel Villiger: Lebensfreude als Kraftquelle). Es scheint, dass für alle Betroffenen ein glückliches Leben möglich ist. Viel Kraft! m, 44
 
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  • #12
Hier nochmal der TE, vielen Dank für eure Antworten und eure Anteilnahme .
Ich bin sehr verunsichert, da ich nicht weiß was auf uns /mich/sie zukommen wird.

Ich habe Angst, dass ich ihr nicht gerecht werden kann bzw. versage. Ich habe mit Behinderungen keine Erfahrung bis jetzt, deswegen auch meine Fragen an euch.

Meine Frau steckt derzeit in einer sehr depressiven Phase, und ich fühle mich hilflos, da ich ihr nicht helfen kann, aber so gerne würde.
Sie fühlt sich unattraktiv und wertlos. Ich würde sie niemals verlassen, dies sage ich ihr sooft es geht.
 
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  • #13
Hallo FS, depressive Phasen sind da ganz normal. Mehr kannst Du nicht für sie tun, als Du tust. Da gehören auch Profis ran. Und niemand ist auf seine solche Situation vorbereitet, es ist alles neu, das ist kar. Aber ihr beide könnt da hineinwachsen, das geht und haben schon gaaanz viele andere auch gesschafft. Ganz wichtig noch: Lasst euch auch helfen und beraten und sperrt euch nicht ein! Alles Gute für euch! m44 - der von heute auf morgen zum Amateur-Altenpfleger geworden ist.
 
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