Warum wird es für altmodisch oder spiessig gehalten, wenn ein Mann der Frau in oder aus dem Mantel hilft? Ich finde es schade, dass diese kleinen "Regeln" so überrannt werden. Viel wichtiger fänd ich, statt auf diese Gentlement-Gesten zu verzichten sich mal Gedanken zu machen, welche Regeln heute dringendst zusätzlich gebraucht würden. Dann käme es wohl nicht vor, dass als erstes das Handy, Blackberry, PDA und wie die besten Freunde sonst noch so heissen auf dem Tisch zum Liegen kommen, bevor man/frau überhaupt daran Platz genommen hat...
Ich für meinen Teil mag - authentische! - Gentelments sehr gern. Und ich geniesse die Aufmerksamkeit und Achtung, die mir in diesen Momenten vom männlichen Part entgegengebracht werden. #23 Markus schreibt mir diesbezüglich geradezu aus der Seele!
Ich denke eher - und da schliesse ich mich nicht aus - dass es lediglich die Unsicherheit durch Unwissenheit ist, die uns Damen in manchem Moment unbehaglich werden lassen. Ich bin sicher, dass viele von uns mit dem "vollkommenen" Gentlement schnell überfordert sein können. Dann kann man entweder diese Regel in die Kiste der Spiesserei legen oder sich schlau machen, wie denn mein Part richtig gewesen wäre. Der Spass und die Freude an diesen Regeln - und damit auch die Fähigkeit, Aufmerksamkeiten anzunehmen und zu ermöglichen - entsteht spätestens dann.
Da ich gutes Essen (wobei ich hier nicht 5-Sterne Restaurants meine) sehr gern mag, gehört dies für mich zur gesamten Komposition. Aber auch im Alltag geniesse ich es, wenn mir z.B. ein Kollege höflich die Autotür öffnet, wenn er weiss, dass er als Erster ins Restaurant geht. Das ist kein Muss und ich stemple ihn auch nicht gleich als Rüpel ab, aber ich geniesse einfach den Moment der Aufmerksamkeit. Das in ungezwungener Weise kann ich sehr gut annehmen.
Am Ende versuche ich mich, auf das "Level" an Gentlemen einzulassen und geniesse es, wenn es hoch ist. Wenn es für mich "zu" hoch ist, lerne ich wieder ein kleines Puzzleteil vom schönen und gepflegten Miteinander.
Und an die Damen in der Runde, die die "Spiesserkiste" so weit offen haben: Euch möchte ich einladen, euch folgende Sitation vorzustellen: Nach dem Abendessen im Restaurant wollen mein Begleiter und ich gehen. Der Kellner kommt mit meinem Mantel und hält ihn mir höflich bereit, damit ich bequem hineinschlüpfen kann. Mein Begleiter geht auf den Kellner mit einem strahlenden Lächeln zu und sagt: "Sie werden mir doch wohl nicht das Vergnügen nehmen, dieser netten Dame in den Mantel zu helfen?" Der Kellner übergab den Mantel höchst bereitwillig. Ich bin dahingeschmolzen, weil es ganz authentisch und völlig zwanglos war! Und das nicht in einem 5-Sterne Restaurant sondern in einem netten gutbürgerlichen Lokal.