• #31
Bestimmte Phänomene werden hier vermischt, müssten gedanklich voneinander abgegrenzt werden: Einige Beziehungsuntüchtige, wie:
1) die Super- Flexiblen,
2) die Perfektionisten,
3) die Unsicheren,
4) die Verbitterten,
sind durchaus zum großen Teil durch unsere Zeit geprägte Typen. Mischungen der obigen Typen und Wechselwirkungen untereinander sind die Regel.
Während früher Haltungen im Fokus der Aufmerksamkeit standen und die traditionelle Umsetzung engmaschig überwacht wurde, lenkt nun die persönliche Leistungsorientierung statt der religiösen Eingebundenheit den Blick ganz weg von Innerlichkeiten, hinterlässt ein ethisches Haltungsvakuum und unbegrenzte Handlungsmöglichkeiten. Wirtschaftliche Erleichterungen ermöglichen dann noch die Vereinzelung, Sebstbestätigung kann hervorragend allein erzielt werden.
Der 5) sammelnde Bewunderungssüchtige, der aus der Eroberung Selbstbestätigung zieht und anschließend das Interesse verliert, ist sicher kein Zeitphänomen, im Unterschied zu früher akzeptieren nur die wenigsten Partner solche Verhaltensweisen noch innerhalb der Ehe, es ist heute also nur sichtbarer und für so eingestellte Menschen oft der Anfang einer Spirale der Vereinzelung.
Diese Haltungen sind gesellschaftsprägend, nicht pathologisch, da stimme ich zu, auch wenn sie in Extremform jegliche Beziehungsfähigkeit unterminieren. Hier können auch noch persönliche psychologische Tipps gegensteuern, wie sie Bäärbel in # nannte, die Beziehungspartner spiegeln sich noch, man kann gut bei sich selbst ansetzen in der Veränderung.


Ganz anders, und zwar schon vom Funktionsprinzip bis zur Partnerwahl verhält es sich bei den tatsächlich Bindungsunfähigen. Diese Menschen suchen im Innersten intensive Nähe, stellen diese Suche für eine bestimmte Zeit in ihr persönliches Zentrum, und fliegen auf offene, empathische, in sich sicher gebundene Menschen, in der -auch kommunizierten- Hoffnung, sich mit ihrer Hilfe aus der inneren Einsamkeit zu befreien, schaffen es dann aber nicht, diese Nähe auch auszuhalten.
Mir hat Stefanie Stahls Buch "Jein" auch die Augen geöffnet, den
1) Maurer, der sich hinter seiner Arbeit verschanzt,
2) den Jäger, der nach Erlegen das Interesse verliert,
3) und Prinzen, der die Perfektion sucht, kurzzeitig in der Idealisierung findet,
hat sie sehr gut beschrieben, aber ich vermisse aber zwei weitere Vertreter von Bindungsunfähigen:
4) Den Schmetterling, der mit spielerischer Leichtigkeit die drückende Schwere der Nähe aufzuwiegen versucht, bei Bedarf zur nächsten Blüte flattert, die er schon vorher anschnuppert,
5) und den Polyamoristen, der seine Haltung offen lebt.
Beide, 4) und 5) können auf die der Idealisierung normalerweise folgende scharfe Abwertung des Partners verzichten, weil sie in einer persönlichen Eingebundenheit (Freunde, weiterhin befreundete Expartner, Polyamorie- Kreise) leben, die meiner Meinung nach das Vakuum der religiösen Eingebundenheit ersetzt.
 
  • #32
Alle diese beziehungsunfähigen Menschen zeichnet ein ungeheurer Leidensdruck aus! Um der Unterstellung, das wären Ausreden der Verschmähten, wie sie schon formuliert wurde, zuvorzukommen: Ich hörte einen "Jäger", selbst Psychiater, also vom Fach, sagen: " Du weißt gar nicht, wie vielen Frauen ich schon das Herz gebrochen hab, sei froh, dass Du es zuvor gemerkt hast" und "in jeder Klinik würden sie mir Borderline diagnostizieren" , einen Schmetterling: "wenn ich das selbst vor mir zugeben könnte, würd´ ich mich ja ganz verloren fühlen" (nachdem er mir nach fünf Monaten seine Poly-Orientierung offenbart hatte), einen Prinzen: "sei froh, dass Du noch lieben kannst, ich kann es nicht mehr, ich hatte es so gehofft, aber es kommt nicht", "es waren fast 100%", und "Therapien bringen doch nichts". Das Selbstbild all dieser Menschen schwankt, fällt bis in tiefste Tiefen.

Warum findet man solche Ausprägungen heute öfter?
- wir suchen im Restepool... dass die Menschen, die über 40, über 50 noch oder wieder allein sind, vielleicht weniger Glück, aber eben auch durchschnittlich weniger soziale Kompetenzen in der Auswahl ihrer Partner und in der Beziehungsarbeit selbst hatten, liegt auf der Hand.
- früherer auch heilsamer gesellschaftlicher Zwang, eine Ehe aufrechtzuerhalten, ließ zumindest den Unsicheren, Ängstlichen einen klareren Rahmen, ihre Bedürftigkeit auszusitzen und dadurch manchmal zu überwinden oder wenigsten nicht zum prägenden Einfluss zu machen; den Rüpeln drohte weniger Bloßstellung.
- der Umgang der einzelnen bindungsarmen Typen untereinander in völliger Freiheit verschärft die Lage

Welche Gesellschaftsentwicklungen sind dafür verantwortlich?
- Leistungsorientierung statt der religiöser Eingebundenheit sind schon erwähnt worden, wirtschaftliche Erleichterungen für Einzelne ebenfalls, aber
- manchmal macht der Wohlstand ein Gefühlsvakuum auch erst sichtbar. Kinder, die narzisstisches Futter ihrer Mutter sind, erleben eine tiefere Verletzung als Kinder, deren Mütter für das wirtschaftliche Überleben schuften müssen. Gefühlsmäßig macht es einen riesen Unterschied, ob ich der Aufmerksamkeit nicht wert bin und sie mir meine Eltern nicht geben wollen, weil Hobbies wichtiger sind oder ob sie es wollten, aber nicht können.
 
  • #33
Wie damit umgehen?
- wenn´s passiert ist: Trost annehmen, von Freunden und Foren :), Hauptsache, die Abwertung, die man entgegengeschleudert bekam, lässt nicht das Selbstbild wanken, einen die Hoffnung auf innige Nähe verlieren.

- wie vermeiden?
*Nachfragen, das empfinde ich inzwischen auf der Suche als nicht mehr unangebracht und peinlich, sondern als legitim, außerdem ist es für mich inzwischen schon Gütezeichen, wenn ein Mann mir erzählt, dass er selbst "Opfer" von Bindungsunfähigen war
*Co-Abhängigkeit vermeiden, das eigene intensive Nähebedürfnis freischaufeln von Retter-Fantasien, auch Bindungsfähige sind Bindungssehnsüchtige!

- wie helfen?
* Freundschaft anbieten, mehr ist leider nicht möglich, wenn man nicht mit on-/ off- Spielchen leben will
* Polyamorie akzeptieren (bei Anderen, wohlgemerkt, und trotzdem allen Bekehrungsversuchen widerstehen ;)
- und danneinfach unverdrossen mit im Restepool wühlen, warum sollen nur die Beziehungsunfähigen dort Nähe-begabte Menschen finden?!? Die Hoffnung aufzugeben sollte die letzte Option sein.

Widersprechen möchte ich zuletzt noch #1:
Jeder Mensch ist auf Bindung angelegt, findet "das höchste Glück in der körperlichen Aufhebung der Vereinzelung", wie es Dr. Ahlers, Sexualtherapeut, in dem wunderbaren ZEIT- Interview vorletzter Woche formulierte.
Und das geht nun mal am innigsten in enger Bindung.
 
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  • #34
Dafür braucht es keinen "bindungsgestörten Mann", sondern nur einen Mann, der zuhören kann. - Das mache ich manchmal auch, und lasse die Frau reden. Wie sonst könnte man herausfinden, was den Menschen wirklich bewegt.

Und das ist ok so, denn ich habe erwahren was ich wissen sollte. Und was die Frau glaubt zu wissen, das ist nicht so wichtig.
m

Ein Mann der mir "manchmal" zuhört und denkt, was Frau glaubt zu wissen, ist eh nicht wichtig, könnte nie und nimmer ein Partner, geschweige denn mein Seelenpartner werden.
 
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  • #35
Meine ganz persönliche Ansicht zur Titelfrage ist, dass mit dem Wort Bindungsstörung einfach viel zu leichtfertig umgegangen wird (wie mit vielen anderen Schlagworten auch). Sicher gibt es (und gab es schon immer) Menschen, die nicht für eine Beziehung/Bindung geeignet sind, also eine Bindungsstörung haben.

Für viele Menschen ist es aber ganz einfach auch ein Resultat aus Erfahrung und des persönlichen Lebensverlaufes.

Ich halte mich durchaus für bindungsfähig. Meine erste Ehe hat mein Mann beendet, die zweite endete mit dem Tod meines Mannes. Inzwischen lebe ich seit 25 Jahren alleine, und das ausgesprochen gut und sehr zufrieden.

Aus aktuellem Anlass, konnte ich - für mich persönlich - feststellen, dass ich zwar fähig, aber nicht mehr gewillt bin, eine Bindung einzugehen. Eine lange Fernreise unternahm ich dieses Jahr aus finanziellen Gründen mit einem ganz lieben Freund, der mir viel bedeutet. Wir sind kein Paar. Es war eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte, künftig werde ich aber wieder alleine reisen.

Mein Leben verläuft inzwischen nach meinen Wünschen und Plänen. Ich mag mich einfach nicht mehr in einen Tageslauf pressen lassen, der nicht meinem Naturell entspricht. Kompromisse sind gut und wichtig im Leben und ganz besonders in einer Beziehung. Aber ich bin heute einfach nicht mehr bereit dazu. 3/4 meines Lebens habe ich das getan, heute sind meine Motive ganz einfach egoistisch. Und ich bin der Meinung, dass ich mir dieses Recht auf diesen Egoismus erarbeitet und verdient habe.

Ich kann aufstehen und schlafen gehen, wann ich will, will essen, wenn ich Hunger habe und nicht weil jetzt die Uhr Stunde X zeigt, außer Haus oder Zuhause sein, wann immer es mir passt. Die Liste könnte fortgesetzt werden.

Das ist eine ganz persönliche Entscheidung, die ich für mein Leben getroffen habe. Dieser Egoismus ist aber keine Unfähigkeit, sondern eine bewusste Willens-Entscheidung.

Andere Menschen können das kritisieren oder auch nicht, das ist mir egal. Aber eine Bindungsstörung habe ich mit Sicherheit nicht. Momentan bin ich einfach nicht bereit und willens für eine Bindung.

Ich denke, dass es viele Menschen gibt, die für sich selbst so eine Entscheidung getroffen haben. Für Fremde sieht das dann nach einer Störung aus. Es ist einfacher, es so zu nennen, als sich zu bemühen, hinter die Kulissen zu schauen bzw. die genauen Motive der Mitmenschen zu ergründen.
 
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  • #36
M40
Wenn ich mir hier durchlese welche Ansprüche an ein erstes Date gestellt werden, nachdem man eine ellenlange Liste an Kriterien erfüllen musste, wundert es mich nicht, dass es schwierig wird neue Bindungen einzugehen. Beim normalen Kennenlernen geht ja so keiner vor.
Wenn beim ersten Date nicht gleich der Blitz einschlägt, dann wird man aussortiert, richtiges Kennenlernen wird so unmöglich. Nach außen hin sieht es aus, als ob man beziehungsunfähig ist, man scheitert aber eher an oberflächlichen Datepartnern und überzogenen Ansprüchen.
 
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  • #37
"Bindungstörungen" kommt mir im Ausdruck etwas hart vor, aber trotzdem:
Mich, 50+, erstaunen auch die Berichte von um 30jährigen im Umgang bei der Partnersuche. Hier wird nach meinem Empfinden oft hart geurteilt in Richtung auf das Schließen von Kompromissen. Ich lese daraus aber keine größere Ich-Bezogenheit als in meiner Altersklasse. Vielmehr scheint es mir Verletzlichkeit zu sein, die Furcht abgelehnt zu werden. Ich, durchschnittlich aussehend, bin mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, dass ich einem Lebenspartner begegnen werde, das war in meinem sozialen Umfeld so, Scheidungen gab es auch kaum, auch weniger Statusdenken.

Bindungsängste treten durch Erfahrungen auf, die z.T. in der Kindheit liegen. Heutzutage gibt es mehr Scheidungskinder und vielleicht dadurch eine größere Bindungsangst.
Ich bin heute Zwangssingle, mein Partner hat mich nicht gewollt verlassen. Diese Unbefangenheit bei der Partnerwahl, die ich mit 20 hatte ist leider total verschwunden, heute wundere ich mich selbst über meine eingepflanzten Auswahlkriterien. Je älter man wird, umso komplizierter denkt man.
w
 
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  • #38
Wenn ich mir hier durchlese welche Ansprüche an ein erstes Date gestellt werden, nachdem man eine ellenlange Liste an Kriterien erfüllen musste, wundert es mich nicht, dass es schwierig wird neue Bindungen einzugehen.
Stimmt leider. Ich wundere mich auch immer was die ganzen Bindungsgestörten und Narzisstischen Menschen in den Singlebörsen wollen. Im wahren Leben würden sie sich das alles gar nicht trauen.
 
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  • #39
@Michaela71, ich bin gast #19 und #20. Ich wollte nur vielen Dank sagen. Sehr kluge und reflektierte Worte.
Ich hoffe, dass dir einige Menschen hier GENAU zuhören. Es ist faszinierend, wenn man "erkannt" hat, oder? Ich sehe hier an jedem Kommentar, wer die pathologische Bindungsangst schon erlebt hat und wer nicht. An jedem einzelnem Satz sieht man: "Nee, der hat nur ein gewöhnliches A...loch gehabt" ODER "Oh je, da hat einer tatsächlich die destruktive Dynamik abbekommen."
Klär bitte weiter auf, es gibt so viele Opfer dieser Menschen da draußen (die ja selber nur Opfer sind) und es ist wichtig, dass die, die lernen wollen, Werkzeug an die Hand bekommen.
 
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  • #41
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  • #42
Es wäre hilfreich, wenn diese überzogenen Ansprüche genau beschrieben werden. Was für den einen Mensch überzogen ist, kann doch für den Anderen total normal sein, oder?
Es bedarf der Fähigkeit der Selbstreflektion um festzustellen ob die Ansprüche übertrieben sind. Außerdem muss man sich immer fragen, ob man an sich die selben Maßstäbe anlegt, wie an andere. Ich glaube viele müssten sich selbst aussortieren, wenn ich sehe welche Anforderungen gestellt werden.
 
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Mooseba

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  • #43
Dass wir auf solche Männer anspringen hat auch was damit zu tun, dass diese Männer einem sehr tiefsinnige Gespräche anbieten, die man bei Männern, die nicht bindungsgestört sind, sehr selten antrifft. Wenn man als Frau so eine Tiefsinnige ist, dann ist das für uns wie Luft zum Leben.[...]
Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du hast jetzt nicht wirklich Tiefsinnigkeit mit Weiblichkeit gleichgesetzt? Wenn doch, ist es mindestens eine Unverschämtheit. Wenn du glaubst, Männer, die gern tiefsinnige Gespräche mit Frauen führen, sind automatisch bindungsunfähig und Muttersöhnchen, dann hast du zu wenige Männer getroffen. Und eine Frau, die sich durch die weibliche Seite eines Mannes beeindrucken lässt, ist mir nicht ganz geheuer.
 
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  • #44
[Zitat Moosebas unnötig]

Wie immer, richtig lesen und nicht verallgemeinern und nicht interpretieren, was nicht geschrieben steht.

Es ist gibt gute weibliche Seiten von Männern, die in vielen Situationen, sehr bewundernswert sind. Z.B. Empahtie, Kochkünste, mit Kindern gut und viel geduldiger umgehen können als ich usw.

w
 
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  • #45
Eine Frage an euch, die es schon erlebt haben: Warum glaubt ihr, kommen diese tiefsinnigen Gespräche häufiger mit den Bindungsängstlern zustande????
(Habe ich auch so erlebt und vermisse es immer schwieder schmerzlich bei Treffen mit "gesunden" Menschen)
Mein möglicher Erklärungsansatz: Aufgrund des beschriebenen, unangemessenen Nähe- und Idealisierungsverhaltens gleich zu Beginn der Kennenlernens wird eine Intimität hergestellt, die eigentlich unangemessen und auch losgelöst vom jeweiligen Gesprächspartner ist. Dieser ist lediglich Projektionsfläche und der Bindungsängstler weiss meistens sofort, wo und wie er andocken kann, da er ja selber nicht bei sich ist.
Ein "gesunder" Mensch würde bei einem date erstmal vorsichtig versuchen, den anderen kennenzulernen. Ein richtiger Bindungsängstler stellt eine Symbiose her (das ist auch das häufig beschiebene Feuerwerk am Anfang oder die Seelenverwandschaft) die im Grunde aber nur auf Illusionen fußt.
Was meint ihr?
 
  • #47
zu #44 Das ist eine Frage, die ich mir auch ziemlich ratlos gestellt habe, bis ich -in Ansätzen- auch mit anderen Männern im Laufe der Zeit richtig gute Gespräche führen durfte.

Aber diese frühe Nähe, die Bindungsunfähige herstellen, wird ja zum Teil auch dadurch ermöglicht, dass sie am Anfang ganz viele pragmatische Überlegungen zum Partner ausblenden. Wenn nur die geistig-emotionale Nähe des Moments zählt, kann man intensiv aufeinander fliegen. Die pragmatischen Aspekte buchen dann den Rückflug, der eigene Rückzug erhält die rationale Begründung, das dahintersteckende Handlungsmuster bleibt unentdeckt.

Zum anderen sind diese Menschen schon sehr sensibel, können gut auf Dich eingehen und schätzen es umgekehrt, suchen es ausdrücklich. Was ihnen fehlt, ist ja nicht Sensitivität, sondern Verbindlichkeit im Handeln und Verantwortung für die Gefühle des Anderen. Weil die Sprunghaftigkeit ihrer Intentionen aber ehrlicher Verzweiflung über das eigene Unvermögen Nähe auszuhalten entspringt, gelingt die Abgrenzung von ihnen so schwer. Wenn große Sensibilität aber nicht von großer innerer Stärke begleitet ist, wird´s brenzlig.

Ich hab mich auch gefragt, warum ich zwar beeindruckt bin, aber nicht dieses frühe Gefühl der Erfülltheit in ähnlichem Umfang bei einem Mann empfinde, der in sich ruht, aber trotzdem schnell im Denken und gewandt in der sprachlichen Umsetzung ist. Und da muss ich mich schon an der eigenen Nase packen, das ist der Push-Effekt des Helfersyndroms, eigene Anfälligkeit für Co-Abhängigkeit, oder positiver formuliert: Die Hoffnung, diesem Menschen die Nähe geben zu können, die er so stürmisch sucht.
 
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  • #48
An #44
Das erklärt mir auch mein langes Singledasein.
Wenn ich mal einen Kontakt/Draht zu einer Frau hatte wollte ich Ihr doch nur Nähe sprich während des Kennenlernens Interesse bekunden.Wird dies dann als anhänglich/bedürftig aufgefasst?
Wo ist denn da der Unterschied?

(M47)
 
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  • #49
@Michaela71 (ich bin gast #19 und #44)
Danke, das ist guter input. So ähnlich habe ich mir das auch schon gedacht. Ich nehme für mich ein genaueres Hinhören und Zuschauen daraus mit. Und einen zweiten Blick für die zunächst eher "neutral" anmutenden Männer.
Auch wenn ich mir manchmal wünschte, dass mehr von ihnen das gewisse Extra auch zu Beginn hätten.
Aber es stimmt schon. Das gezielte charmant-spielerische Erobern und Umgarnen auf das soviele Männer/Frauen hereinfallen, ist sicher eine ausgefeilte Strategie ebendieser Spezies Menschen, geboren aus dem unbedingten Wunsch, sofort und schnell Nähe herzustellen. Ein bindungsfähiger Mensch hat sicher nicht in diesem Maße das Bedürfnis und sich demnach auch nicht entsprechende Handlungs- und Kommunikationsmuster über die Jahre bis zur Perfektion angeeignet.
 
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  • #50
@Michaela71: Sehr wertvolle Beiträge zum Thema - Danke! So macht eine Forumsdiskussion Spaß bzw. hat ein Niveau, das einem tatsächlich auch etwas bringt! (Und Danke an die Mods, dass ihr die Beiträge durchgelassen habt, auch wenn sie sehr ausführlich sind, aber in dem Fall bringen sie wirklich etwas!)

@#44: Einer meiner bindungsängstlichen Partner war bereits sehr weit im Reflektieren und der Selbsterkenntnis seiner Bindungsangst und der meinte zu der Frage, die du stellst, (die ich ihm nämlich auch stellte) dass er alleine bei/mit seiner Mutter aufgewachsen ist, ohne andere Familienmitglieder, dadurch natürlich öfter mal emotionaler Ansprechpartner der Mutter war, was den Nebeneffekt hatte, dass er schon als Jugendlicher sehr genau mitbekommen hat, "wie Frauen ticken". Das heißt, als erwachsener Mann hat er es perfekt und spielend leicht beherrscht, eine Frau schnell "für sich zu begeistern" - nämlich durch echtes Interesse (das war auch durchaus echt bei ihm!) an der Frau als Mensch, eben durch jene tiefsinnigen Gespräche. Er sagte direkt: "Ich nehme Frauen ernst. Das machen viele Männer nicht, ich weiß, dass das mein Vorteil zu vielen anderen Männern ist!" (Und der hat wirklich fast jede Frau bekommen, die er wollte, wie ich leider beobachten musste!)
Und andererseits muss man einfach bedenken, (auch das sagte er mir), dass ein Mann, der im Grunde keine Nähe (dauerhaft) zulassen kann, der immer flüchtet, immer distanziert ist, ja niemals an eine Frau herankommen würde, wenn er nicht etwas zu bieten hätte, womit er die Frau erobert. Diese tiefgründigen Gespräche sind also das notwendige Gegengewicht zu seiner sonstigen Unverbindlichkeit. Sonst würde es ja nie überhaupt zu etwas kommen. Leuchtet ein, wie ich finde!
Und schließlich, aber das wurde ja schon geschrieben, sehnt er sich natürlich auch tatsächlich sehr nach Nähe zur Frau. Er konzentriert, packt all sein Nähevermögen, wie ein "Konzentrat", eben in diese Gespräche, weil er anderweitig wenig Nähe zulassen kann. Ein "normaler" Mann hat das gar nicht nötig, denn er kann sein Nähevermögen verteilen auf die gesamte Beziehung zur Frau. Auch das finde ich einleuchtend.

w48
 
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  • #51
@Michaela: Ich möchte mich auch bei dir bedanken. Ich bin auch in einen bindungsunfähigen Mann verliebt und auch ich habe "Retterphantasien". Das hat mir richtig die Augen geöffnet, was du hier geschrieben hast, Das war sehr wichtig für mich. Vielen Dank!
 
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  • #52
@47: Du müsstest deine Frage mal etwas genauer stellen, so richtig verstehe ich sie nämlich nicht.
Grundsätzlich ist es großartig, Interesse an der Frau zu bekunden. Wenn dazu noch eine spielerische Leichtigkeit hinzukommt, ein gezieltes Nachfragen und dennoch ein klares Bei-sich-bleiben (also nicht Nachgeplapper) dann finde ich das eine großartige Sache.
Ich habe halt oft festgestellt, dass man bei den bindungsängstlichen relativ schnell fernab des "smalltalk" ist. Ich weiss einfach nicht, wie die das machen.
Vielleicht kann Michaela71 mehr dazu sagen. Man kommt mit ihnen sofort weg von der Sachebene hin zu einer als gemeinsam erlebten Interessen/Gefühlsebene. Dadurch entsteht das Empfinden, hier einen tiefsinnigen Gesprächspartner zu haben, der aber nicht bedürftig wirkt, indem er alles nachplappert.
Ich versuche mal ein Beispiel zu nennen.
Mit zwei "netten Männern" (nicht abwertend gemeint, nur in Abgrenzung zu den Bindungsängstlern) unterhalte ich mich über Sport. Lieblingssport, sowas halt. Warum er mir wichtig ist, deute ich an (Gefühlsebene). Während bei Anfangstreffen mit netten Männern weiter auf der Sachebene über das Thema Sport gesprochen wird, hakt der bindungsängstliche Mann (so hab ich es mehrmals erlebt) sofort auf der Gefühlsebene ein. Man redet dann darüber, warum einem persönlich Sport wichtig ist, wie man dahin gekommen ist, was es einem gefühlsmäßig bedeutet. Man hat das Gefühl, komplett auf einer Wellenlänge zu liegen, gleich in der Tiefe zu diskutieren und sich an Banalitäten gar nicht erst aufzuhalten. Und das zieht sich so durch....Man ist also gleich eher emotional involviert.Sach- und Gefühlsebene werden in der Kommunikation spielerisch gleichzeitig bedient. Ganz schwer zu erklären, leider. Ist aber sehr reizvoll und führt zu dem Gefühl der "Verbindung".
An die Mods: registrieren geht grad nicht, ich hole das aber nach! :)
 
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  • #53
Ich komme hier ja ganz durcheinander ;)
sind die bindungsgestörten, die, die am Anfang von 0 auf 100 gehen und sich dann enttäuscht abwenden, wenn das Gegenüber nicht ebenso auf einer Welle tickt?
Oder sind nicht eher die bindungsgestört, die, die erstmal nicht oder kaum auf die massiven Anwerbeversuche reagieren?
 
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  • #54
@52: Die Bindungsgestörten gehen von 0 auf 100 aber sehr subtil! Nicht mit flachen Sprüchen. Sie stellen eine symbiotische Nähe her, die ihresgleichen sucht. Du denkst: "Wow, der denkt UND fühlt genauso wie ich!"
Aber sie meinen nicht dich als Person, sondern docken bei deinen Bedürfnissen an, die sie unterschwellig sehr sehr gut wahrnehmen. Sie idealisieren dich und du schwebst auf einer Wolke. Und sie berauschen sich an deiner Verliebtheit und füllen damit ihre grenzenlose Bedürftigkeit.
Das alles beruht aber eben nicht auf ehrlichem Interesse an der Person. Daher ist dann der Fall und die Ernüchterung wenn sie dich als Mensch mit Schwächen wahrnehmen, besonders tief.
Dann werden sie aggressiv weil sie auf einmal merken: Du hast Fehler. Du bist nicht perfekt.Ihr eigenes Gefühl geht flöten (denn es war ja NIE ECHT!!) Sie projizieren ihre eigene Enttäuschung auf dich und werten dich ab.
Gehst du dann einen Schritt zurück, flammt die Sehnsucht nach Nähe wieder auf und das Ganze beginnt von vorn.
 
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  • #55
@53, ich denke, sie werden eher aggressiv bzw. wenden sich dann ab, weil sie merken, das Gegenüber fühlt nicht so wie ich und wieso soll ich meine Anwerbeversuche weiter an einer Person auslassen, sie so gar nichts bzw. kaum was erwidert?

Ich verstehe gar nicht, wieso von Bindungsgestörten gesprochen wird!
Dabei sind es doch nur Menschen, die merken, dass es beim Gegenüber halt nicht funzt.
 
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  • #56
#54 Ich kann deine Sicht verstehen aber nimm es mir nicht böse, das hat mit der Sache über die hier viele sich bisher geäußert haben gar nichts zu tun. Dein Beispiel ist anders gelagert und hat in der Tat weder was mit Persönlichkeitsstörung noch mit pathologischer Bindungsangst zu tun.
Sei froh, dass du den Unterschied nicht kennst. Dann erübrigt sich nämlich diese Aussage.
 
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  • #57
#54 noch als Ergänzung: Es funzt beim gegenüber! Und zwar gewaltig! Irgendwas hast du hier grundlegend falsch verstanden. Die Abwertung kommt, wenn man den Partner vermeintlich sicher hat und sich echte Nähe aufbaut.
Bitte nochmal richtig lesen.
 
  • #58
Ihr Lieben, gleichfalls herzlichen Dank!
Mir waren die Formulierungen in #19(fehlende gesunde Regulierung von Nähe/Distanz, Intimität-Abgrenzung), #44(losgelöste, unangemessenen Intimität, Symbiose) und #48(charmant-spielerisches Erobern und Umgarnen, gewisses Extra) auch sehr wichtig. So wenig man solche Erfahrungen seinen Mitmenschen wünscht, so sehr tröstet es, sie nicht allein verarbeiten zu müssen.

Der Gedanke aus #49, dass diese Männer Frauen eben bestens kennen, gibt schon einen wichtigen Erklärungsansatz, wirft aber natürlich gleich die nächste Frage auf:
Was fehlte diesen jetzt bindungsunfähigen Männern, die ja offensichtlich alle ziemlich vaterlos (schwach, früh gestorben, oder extrem streng und unempathisch, also Hass- und keine Identifikationsfigur- auch bei den fünfen, die ich mehr oder weniger gut kennengelernt habe) aufwuchsen, am meisten? Hat ihre Ersatzrolle sie so sehr belastet oder haben sie eher die Anlehnung an den Vater vermisst? Mir ist schon klar, wie wichtig zwei Elternteile für Kinder sind, ganz generell, und trotzdem würde ich es da gern genauer wissen.

Auch die Feststellung aus # 20 ("Nicht jeder, der keine Beziehung will, ist gestört...") muss nochmal herausgestrichen werden, das ist auch die Bestätigung von Angelines (# 34).

Was sagt denn im Übrigen der FS dazu? Ich glaube ja nicht, dass Männer auf "Rettungsphantasien" in Bezug auf eine charmant-verführerische, aber gleichzeitig verletzlich- verzweifelte Frau wesentlich schlechter anspringen als Frauen auf entsprechende Männer.
 
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  • #59
@Michaela (ich bin die, die hier schon mehrmals gepostet hat, Registrierung haut noch nicht ganz hin, danke nochmals für die Nennung meiner Beiträge).
Ich denke, wo es letzlich her kommt, ist egal, weil so unterschiedlich wie Sand am Meer. Distanz von Elternteilen ist sicher entscheidend.
Dass sie Frauen so gut "kennen" habe ich mir aber anders erklärt.
Ich denke, durch den starken Bestätigungszwang, die Suche nach Nähe zur Heilung alter Wunden, wird versucht ein Defizit zu kompensieren. Wie schaffe ich das (sie sind ja alle intelligent in der Regel!!). Indem ich Strategien ausbilde. Letzlich so ähnlich wie Pick Up (nicht ganz! aber die beruhen ja auch auf psychologischen Mechanismen). Muss ja auch nicht mal bewusst ablaufen!
Diese Strategien funktionieren nun, d.h. sie binden Frauen schnell, gaukeln Nähe vor und wecken ohne jeden Zweifel das Helfersyndrom/Nähebedrüfnis der Frau (denn nicht alle fallen ja auch drauf rein, ganz wichtig!)
Studien sagen ja, dass die Persönlichkeitsgestörten bestimmter Sorte (Narzissten z.B.) viel mehr Erfolg bei Frauen haben. Stimmt zweifelsohne. Was diese Studien aber NICHT sagen, ist, dass ein gesunder Mann gar nicht das Bedürfnis hat, soviele Beziehungen dieser Art einzugehen und demzufolge auch nicht solche Strategien ausbilden musste.
Auch hier wichtig: Selbst jemand, der nur ONS hat, oder kurze Affären ist kein Bindungsängstler!!!! Hier geht es wirklich um Menschen, die ganz stark Nähe suchen und damit nicht umgehen können. Die schaffen auch ganz andere Verstrickungen als der klassische Frauenflachleger - und viel mehr Leid.
Insofern: Können sie VIELE, FAST ALLE Frauen besser verstehen? Ja. Warum wollen sie VIELE; FAST ALLE Frauen haben? siehe oben.
Einem gesunden Mann reicht oft eine. Mit der es aus vernünftigen Gründen passt. Der muss nicht bei allen punkten.
 
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  • #60
...wirft aber natürlich gleich die nächste Frage auf:
Was fehlte diesen jetzt bindungsunfähigen Männern, die ja offensichtlich alle ziemlich vaterlos (schwach, früh gestorben, oder extrem streng und unempathisch, also Hass- und keine Identifikationsfigur- auch bei den fünfen, die ich mehr oder weniger gut kennengelernt habe) aufwuchsen, am meisten? Hat ihre Ersatzrolle sie so sehr belastet oder haben sie eher die Anlehnung an den Vater vermisst?...

Ich erkläre mir das so, wie es in einem Post auch schon mit dem Stichwort "Defizit" benannt wurde, nämlich dass der Mann, durch diese Überforderung in jungen Jahren durch die Mutter, die Erfahrung verinnerlicht hat: 'Ich kann der Frau nicht genügen. Sie erwartet emotional etwas von mir, dessen ich nicht wirklich gewachsen bin.' Er wird also ständig zur emotionalen Bedürfnisbefriedigung der Mutter herangezogen, spürt aber dabei ständig sein Defizit, denn er ist ja tatsächlich kein adäquater Partner. (Eigentlich also eine Situation des emotionalen Missbrauchs.)
Später im Leben wiederholen wir ja immer und immer wieder die Situationen, die uns traumatisiert haben, um sie endlich, dieses Mal glücklich zu Ende zu bringen und uns zu erlösen. In diesem Sinne wiederholt er das immer und immer wieder, was er eben kennt und eigentlich, bis zu einem bestimmten Punkt, auch sehr gut kann. Der Mann wird sich schon auch tatsächlich jedesmal danach sehnen, diesmal endlich, endgültig der Frau zu genügen und bleiben zu können. Deshalb vielleicht auch löst er in uns reflexartig diese "Retterfantasien" aus. Aber das Sich-in-in-diesem-Punkt-als-defizitär-empfinden sitzt bei diesen Männern wahrscheinlich so tief, dass es nicht eben mal durch eine sehr entgegenkommende Frau gelöst werden kann.
Vielleicht ist parallel oder wechselweise auch noch ein gewisses Rachebedürfnis bzw. Aggressionsbedürfnis dabei, nach dem Motto: Wenn du mich schon ständig überforderst (und wahrscheinlich überfordert er sich tatsächlich auch heute noch mit dieser extremen Nähe zu uns, auf die wir aber so abfahren), dann bestrafe ich dich aber mit Rückzug. Auch dass er "jede" Frau haben muss, ihm eine nicht genügt, könnte u.a. damit zusammenhängen, dass er sich ein wenig an den Frauen rächt (unbewusst natürlich!), weil die ihn überfordern; außerdem lindert es auch sein defizitäres Gefühl, wenn er sich immer wieder die Bestätigung einer neuen Frau holt.

Dies könnte jedenfalls ein Erklärungsmodell sein. Bei manchen Bindungsängstlern ist es aber vielleicht ganz anders, z.B. haben sie vielleicht überhaupt keine emotionale Nähe als Kind erlebt.

w48
 
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